Paris mit Kindern. Was aus unserem geplanten Familienurlaub in Florenz wurde…
Frankreich ist das Land der Völlerei, des Savoir-vivre, der Vielfältigkeit und des romantischen Provence-Flairs. Es ist aber auch ein Land, in dem die Menschen regelmäßig auf die Straße gehen und ihr gesamtes Umfeld lahmlegen können. Dass unser Familienurlaub vom aktuellen politischen Geschehen beeinflusst wurde, von dem wir uns erhofften, ein wenig Abstand gewinnen zu dürfen, kam ziemlich überraschend…
Eigentlich sollte dieser Artikel ja mit “Florenz mit Kindern” betitelt werden. Doch der Fluglotsenstreik in diesem Jahr musste wohl genau auf unsere Urlaubswoche fallen. Nach mehrmalig verschobener Flugzeit erhielten wir auf dem Weg zum Flughafen die freudige Botschaft, dass der Abflug erneut gecancelt wurde. Wie man einem fünfjährigen Mädchen dann erklärt, dass wir jetzt doch nicht nach Italien fliegen und sie umsonst in perfekt italienischem Slang “Vorrei un gelato” (“Ich hätte gerne ein Eis”) sagen kann, liegt dann nahe der Unmöglichkeit. Es sei denn, man versucht es wie Kinder zu lösen und einfach zu spielen. Und so fuhren wir mit unseren drei vollgepackten Koffern wieder zurück nach Hause und taten so, als wären wir eben im Urlaub angekommen! In Paris.
„Das Leben ist das, was passiert, wenn man dabei ist, andere Pläne zu machen.“
Manchmal kommt man nicht umhin, sich den Umständen zu ergeben und das Beste aus der Situation zu machen. Wen es auch in die Stadt der Liebe ziehen sollte, findet hier unser kleines Programm “Eine Woche Paris mit Kind”. Wer Bedenken haben sollte, dass ein Städtetrip zu öde oder anstrengend für die Kleinen werden könnte, kann beruhigt sein: In einer Stadt wie Paris wird es niemals langweilig! An jeder Ecke gibt es etwas zu sehen. Man muss nur mit offenen Augen durch die Straßen spazieren, denn sie stecken voller historischer Ereignisse und Begegnungen. Mit ein wenig Geschichte und Vorwissen wird schon ein einfacher Spaziergang zum Abenteuer!
Thematische Besichtigungen der Stadt
Mein Mann schenkte mir schon vor langer Zeit einen Reiseführer (Promenades dans des villages de Paris von Dominique Leblos), in dem uns die Journalistin durch die Viertel der Stadt führt, die ihren dörflichen Charakter beibehalten haben. Man gelangt so in kleine Gässchen fernab des Großstadtrummels und trifft auf Dinge und Orte, die im Trubel des Alltags häufig übersehen werden.
Wir unternahmen eine Tour durch das besonders familiäre Viertel Les Batignolles, südlich von Montmartre.
In der Rue Lécluse sollte man beispielsweise (laut Reiseführer) Ausschau nach runden Türbögen halten. Wie wunderschön und dekorativ diese Türen doch waren!! Fanny ging ohne auch nur einmal zu jammern durch die Straßen und rannte von Tür zu Tür - “Mama, schau mal, da ist schon wieder ein runder Türbogen!”
Verbindet man die Aufmerksamkeit der Kinder mit einer kleinen Aufgabe (“Komm, wir zählen mal, wie viele runde Türen wir finden”), spazieren sie automatisch ein paar Kilometer länger mit uns mit. Und danach kommt ja auch gleich schon wieder das nächste Café, um eine Pause einzulegen.
In Les Batignolles empfehle ich besonders das Café Dose mit Kaffee aus eigener Herstellung, dessen Terrasse direkt gegenüber des hübsch angelegten Parc des Batignolles liegt. Mit zwei netten Spielplätzen im Park hat man schon wieder eine gute Stunde an Geduld der Kleinen gewonnen.
Museen & Ausstellungen mit Kindern
La Philharmonie des enfants - Museum rund um Musik
Wer gerne die Museen der Stadt besuchen möchte und sich nicht sicher ist, ob die Kinder sich dabei langweilen, sollte es einmal mit der Philharmonie des enfants versuchen - ein Ort, der Kindern von 4 bis 10 Jahren gewidmet ist, um Musik zu spielen, zu erforschen, zu hören, zu erleben und zu fühlen. Das Museum eröffnete 2022 und bietet so viel zu entdecken, dass man sich auch als Erwachsener nicht langweilt. Nebenbei kann man sich noch die Pariser Philharmonie ansehen.
Atelier des Lumières - In malerische Welten eintauchen
Wenn man mit der Metrolinie 5 bis zu Chemin Vert fährt und in Richtung rue Saint Maur geht, kommt man an einem großen Spielplatz vorbei (immer wichtig für Pausen und damit sich die Kleinen kurz austoben können). Das Atelier des Lumières ist ein ideales Museum für jedermann, da man Kunst hier auf eine so neue, eindrucksvolle und digitale Art und Weise erleben kann. Man kann sich hier einfach von der Musik und all den Eindrücken umhüllen lassen und in die Welt der Künstler eintauchen. Die Ausstellungsräume sind riesig und es stört niemanden, wenn Kinder hier hin und her rennen (oder auch anfangen zu tanzen). Aktuell gibt es eine Ausstellung zu Chagalls Werk und Lebensphase zwischen Paris und New York sowie eine kleinere zu Paul Klee. Unglaublich sehenswert!
Musée de la vie romantique - Ein magischer Ort künstlerischer Begegnungen
Für Pariser ist es zwar kein Geheimtipp, aber Touristen finden dieses Museum sicherlich nicht ganz oben auf der Sehenswürdigkeiten-Liste: Das Musée de la Vie romantique befindet sich im 9. Arrondissement, in der 16, rue Chaptal, im Hôtel Scheffer-Renan, dem ehemaligen Wohnhaus des niederländischen Malers Ary Scheffer, in dem sich regelmäßig Künstler der Romantik aus der ersten Hälfte des 19.Jh trafen. Im Erdgeschoss des 1830 erbauten Wohnhauses stellt das Museum die Erinnerungen der Romanautorin George Sand aus, die den Maler als Nachbarin besuchte. Es ist ein wunderhübsches, kleines Haus in einem Hinterhof mit einem herrlichen Rosengarten im Herzen der Stadt.
Am Nachmittag werden Führungen für Kinder angeboten, bei denen kindgerecht erklärt wird, wer hier hauste und welche Künstler Einkehr gefunden hatten. George Sands Sohn Maurice war für seine Werke über die Commedia dell’arte bekannt. Hinterher dürfen die Kinder dann kleine Marionetten ganz nach seinen Komödien basteln und haben sicherlich die eine oder andere kleine Erinnerung mitgenommen.
Und da wäre ja noch der Eiffelturm…
Wenn man in und um Paris lebt, gibt es eine Sache, die man niemals tut: zum Eiffelturm fahren. Wir haben aber festgestellt, dass es sich lohnt und besonders viel Spaß machen kann, einmal so zu tun, als sei man selbst Tourist. Man kann den Aufzug benutzen oder ganz sportlich (wie wir!) bis zur zweiten Etage die Stufen hinauf laufen. Die kleine Fanny war unglaublich stolz auf ihre große Leistung. Oben angekommen, kauften wir eine Eiffelturm-Postkarte für ihre Freundin in Deutschland - also doch etwas Urlaubsflair.
Tipp: Um nicht eine Stunde Schlange zu stehen, sollte man vorher online ein Ticket kaufen!
Restaurant-Tipp
Grundsätzlich kann man in Frankreich Kinder in jedes Restaurant mitnehmen. In unserer Familie ist ein Restaurantbesuch wie ein Ausflug ins Disneyland. Wir lieben es einfach alle!
Um hier nicht meine gesamte Restaurant-Liste aufzuführen - dies wäre etwas für Instagram - teile ich einen Tipp, der sich anbietet, wenn man fleißig den Eiffelturm bestiegen hat. In diesem ansonsten sehr touristischen Viertel kommt man leicht an weniger zufriedenstellenden Adressen vorbei. Die 12 rue Champs de Mars ist vom Eiffelturm aus einmal quer durch den Park zu Fuss zu erreichen. Im gemütlichen Popu gibt es Pizza auf die französische Art (mögen sicherlich auch die Kleinen, die nicht so gerne essen): mit saisonalen Zutaten, französischem Käse anstatt Mozzarella und Tomatensauce mit Kräutern aus der Provence. Unglaublich originell!
Ausflug in die Normandie und Picardie
Wer längere Zeit in Paris verbringt, sollte sich einen Tag Zeit nehmen, um einen Abstecher in die Picardie und Normandie zu machen. Bis zu den ersten Stränden von Paris aus (Deauville, nebenan Trouville) sind es 1,5 Stunden mit dem Regionalzug. Auch Dieppe kann sich lohnen (2,5 Stunden mit dem Zug). Wer ein Auto zur Verfügung hat, sollte sich unbedingt Honfleur ansehen. Das hübsche Städtchen verfügt über einen Hafen, umringt von Brasserien und Restaurants. Man kann dann auf der Hin- oder Rückfahrt noch einen Halt in Étretat machen. Die steinerne Felsenküste mit weißem Sandstrand ist so beeindruckend!
Bei schönem Wetter lockert ein Ausflugstag den Städtetrip auf und wo haben die Kinder schon mal die Möglichkeit, tagsüber ein bisschen Meeresluft zu schnuppern und am Abend wieder in der Großstadt zu sein?
“Das Leben ist das, was passiert, wenn man dabei ist, andere Pläne zu machen”. Und wieder hatte er einmal Recht behalten, dieser John Lennon…